Donnerstag, 3. Mai 2012

Erleichterung nach Klassenerhalt - Erste Neuzugänge fix

Es ist vollbracht! Als Daniel Ginczek am Sonntag Nachmittag im Bochumer Ruhrstadion in der 90.Minute zum 2-0 Siegtreffer gegen Eintracht Braunschweig einschoss, war die Erleichterung bei Spielern, Verantwortlichen und Fans spürbar.
Die Fans, die gegen Braunschweig eine außerordentliche Leistung ablieferten, gegen einen starken Gegner in der Schlussviertelstunde einen akkustischen Abwehrriegel errichteten, können diese so lange und kräftezehrende Saison nun endlich abhaken. Auch die Mannschaft, die aufgrund einer unglaublichen Verletztenmisere seit Wochen auf dem Zahnfleisch geht kann nun durchatmen und mit dem Erreichen des Minimalziels versöhnlich aus einem Wahnsinns-Jahr gehen.

Und trotz aller Erleichterung war das Spiel nochmal 90 Minuten höchsten Nervenanspannung, spiegelte es doch wie so oft die komplette Spielzeit wieder. Früh geführt, Chancen auf das 2-0 vergeben, dann die übliche Rote Karte, und am Ende ein anrennender Gegner - doch diesmal mit dem glücklicheren Ende für den VfL. Der Sieg gegen starke Braunschweiger war der Erste nach 10 Erfolglosen Versuchen en suite. Eine derart lange Negativserie gab es in der 2.Liga Historie des VfL noch nie - einer von vielen Negativrekorden die die Mannschaft in dieser Saison aufgestellt hat.

Voller Freude nach seinem Kopfballtor: Slawo Freier
Das Spiel begann ideal: Schon in der dritten Minute erzielte Oldie Slawo Freier nach einer Federico-Ecke die Führung per, Achtung!, Kopf! Die unsortierten Braunschweiger Defensivspezialisten ermöglichten Freier eines seiner wenigen Kopfballtore, zudem musste er nicht mal hochspringen, um den Ball in die Maschen zu drücken.
Die Führung spielte dem an sich verunsicherten VfL-Team in die Karten, das Stadion verbreitete dank beider Fan-Lager und gutem Wetter beste Fußball-Stimmung.
Doch weitere Chancen auf den Ausbau der Führung hatten die Spieler von Andreas Bergmann vor der Halbzeit keine, nein, es waren die Braunschweiger die mehrmals haarscharf am Ausgleich vorbeischrammten. Besonders die Freistöße sorgten für Verunsicherung, doch das Glück war an diesem Tag endlich wieder auf Bochumer Seite.
Braunschweig musste dann frühzeitig Dominik Kumbela für Kapitän Kruppke eintauschen, beim VfL blieb der vorbelastete Kramer in der Kabine - für ihn kam Ösi Denis Berger mal wieder in die Partie. Der ebenfalls gelb-verwarnte Philipp Bönig durfte mangels Alternativen weiter machen - und holte sich später in seinem letzten Spiel für den VfL abermals gelb-rot ab. Nach einem viel zu harten und enorm schlecht getimten Einsteigen gegen den Braunschweiger Raffael Korte sah der Erdinger seine dritte Ampelkarte der Saison - im fünften Einsatz! Eine unheimliche Quote und einsamer Rekord für den 32-jährigen Bochumer, der es zwar nie zu einem Treffer für blau-weiß brachte, aber nun wohl eine Statistik auf Lebenszeit anführen wird. Das bittere an der Sache: Jede Einzelne der sechs Gelben Karten die Bönig in seinen 317 Minuten Saisoneinsatzzeit erhielt waren absolut gerechtfertigt und eher rotwürdig denn als Fehlentscheidung zu werten.

Pippo Bönig bei seiner bewegenden Abschiedsrede

Verständlicherweise waren auch die Coaches Neitzel und Bergmann sauer auf den Übeltäter, der sich zweifelsohne einen anderen Abgang verdient gehabt hätte. Wieder einmal - zum bereits sechsten Mal (3xBönig, 1xToski, 1xBerger, 1xFreier, 1xInui) in dieser Saison musste der VfL in Folge einer Ampelkarte ein Spiel in Unterzahl beenden.
Die Braunschweiger drängten den VfL weit in die eigene Hälfte zurück und kam zu Chancen: Luthe rettete überragend gegen Kumbela, der zudem ein Abseitstor erzielte. Der VfL überstand die heikle Phase nach dem Auschluss, Jannick Stevens kam zu seinem Profidebüt und stabilisierte die Linke Seite, da Jonas Acqusistapace, noch von einem Infekt geschwächte, nicht mehr konnte.
Und dann kam der VfL zu Kontern: Ginczek eroberte sich einen Ball, liess einen Braunschweiger aussteigen und startete Richtung Tor, die letzten Braunschweiger Abwehrspieler um den talentierten Torwart Petkovic konnten den Ball aber im Kollektiv entschärfen (75.). Auch kurze Zeit später, als Inui aus vollem Sprint einen Luthe-Ball technisch grandios aus der Luft auf Tempo null stoppte, nach feiner Drehung auf Ginczek spielte, war es der Badener Petkovic, der den Braunschweiger Knock-Out mit einer tollen Flugeinlage verhinderte.
So entstand in den allerletzten Minuten ein Spiel wie man es aus den Europacup Spielen kennt, wenn ein Team noch ein Tor benötigt, um die Auswärtstorregel zu bezwingen: Braunschweig schickte neun Feldspieler nach vorne, der VfL hielt mit seinen neunen dagegen. Zu Beginn der Nachspielzeit dann die Befreiung: Luthe parierte einen Kopfball von Korte herausragend, die zweite Welle konnte Eyjolfsson abblocken und Ginczek auf die Reise schicken. Geistesgegenwertig sprintete Inui mit, der in der Schlussphase defensiv unglaubliche Wege ging, teilweise bis an die eigenen Eckfahnen verteidigte und sich erneut als grandioser Team-Player für die Defensive erwies. Der Japaner bekam den von Ginczek gespielten Ball, umkurvte Petkovic und legte quer auf Ginczek, der mit voller Wucht aus sechs Metern den gesamten Frust einer ganzen Saison wegschoß!
Erster Gratulant Ginczeks war ein mit Bierbecher ausgerüsteter Fan, der höhe des Marathontores auf das Spielfeld gelangte und den Dortmunder innigst umarmte.

Es war ein besonders Spiel, dieses gegen Braunschweig. Die Stimmung war hervorragend, man hatte das Gefühl, dass erstmals jeder Bochumer den wohl länger bevorstehenden Zweitliga-Fußball annahm und sich mit der Situation identifizierte. Es muss das Ziel sein, auch in der Zweiten Liga öfter um die 20.000 Zuschauer ins Stadion zu bekommen. Mit Grußel-Kicks wie gegen Ingolstadt oder Dresden wird das nicht gelingen, mit leidenschaftlichen Auftritten, die dem Fan auch das Gefühl verleihen, dass man sich verbessert und sportlich Fortschritte erzielt, schon. Dafür braucht es natürlich viel mehr Heimsiege, aber das Stimmungsbild und der Tabellenstand können sich in der nächsten Saison mit einer runderneuerten Mannschaft und Fans, die den vorgegeben Weg, der sowieso alternativlos ist, unterstützen, auch schnell wieder von einer schöneren Seite zeigen.


Personeller Umbruch

Dass die Saison zwar sportlich, hinter den Kulissen aber noch lange nicht abgeschlossen ist, zeigte einem neulich die nicht gänzlich geklärte Lizenz-Frage auf. Der VfL muss Liquiditätspotentiale vorweisen - wie wird sich zeigen. Ob Spielerverkäufe notwendig sein werden weiß man noch nicht, vermutlich werden aber nicht alle Spieler zu halten sein. Dass ist aber freilich auch gar nicht das Ziel, denn man will ja einen gezielten Umbruch bewirken. Die berechtigte Frage: Was bringt ein Umbruch wenn die Leistungsträger den Verein verlassen und die alten "Stars" um Freier weiter an Bord bleiben dürfen?

Der Verein wird alles versuchen um die beiden besten Spieler, Andreas Luthe und Takashi Inui zu halten. Beiden werden Kontakte nach Bremen nachgesagt, besonders im Fall Luthe will sich der VfL besonders strecken und seinen bis 2013 datierten Vertrag langfristig verlängern. Takashi Inui ist sicherlich der derzeit lukratistive Bochumer Spieler, ein Verbleib ist fraglich. Denn: Der Japaner ist einfach zu gut für die 2.Liga. Es wäre natürlich hervorragend den kleinen Spielmacher noch ein Jahr halten zu können, ihm zwei bis drei gute Kicker an die Seite stellen und ihn erst dann zu verkaufen. Wahrscheinlich würde Inui im nächsten Jahr sogar noch größere Transfererlöse einbringen, sofern seine Leistungskurve nicht unerwarteterweise einbricht. Doch lässt die finanziell angespannte Lage dem VfL es wohl nicht zu, bei einem 3mio€ Angebot einfach so nein zu sagen. Auch wenn man die Lizenzfrage unabhängig von Luthe und Inui geklärt haben will - ein Verbleib der Spieler ist derzeit noch nicht absehbar.

Und ob der drittbeste Kicker, Mimoun Azaouagh, seinen auslaufenden Vertrag verlängert ist wohl auszuschließen. Bis Sonntag, bis zur Parie in Aue, will sich der Edeltechniker nun spätestens entscheiden. Für - oder gegen den VfL. Bzw. Für den VfL oder für Stefan Kuntz. Der Vorstandsvorsitzende des FCK holte Azaouagh einst nach Bochum, und soll sich laut Gerüchteküche mit Azaouagh schon auf diversen Autobahnraststätten getroffen haben....
Wird den Verein wohl doch noch einmal wechseln: Mimoun "Aza" Azaouagh
Die Entscheidung Azaouaghs wird diese Tage fallen; In Bochum könnte er bis zu seinem Karriereende wohl eine gewisse Führungsposition einnehmen, während Kaiserslautern wohl doch den ein oder anderen Cent mehr anbieten wird können.



Erste Neuzugänge fix

Wechselt vom HSV nach Bochum: Sören Bertram
Unabhängig der Zukunft der bisherigen Leistungsträger konnte Jens Todt schon zwei neue Gesichter für den VfL gewinnen: Mit Sören Bertram und Mounir Chaftar verpflichtete man zwei Linksfüßer aus unterklassigen Ligen. Bertram wechselt fest vom HSV an die Ruhr und unterzeichnete bis 2015. Der Offensive Mittelfeldspieler galt vor kurzem noch als großes Talent, konnte aber weder in Hamburg noch in seinem Jahr in Augsburg den endgültigen Durchbruch schaffen. Nach intensiver Beobachtung des 20-jährigen ist sich wohl Andreas Bergmann sicher, dass Bertram eben diesen beim VfL packen kann.

Mounir Chaftar
Mounir Chaftar, 26, gehört schon einem etwas älteren Semester an - den Sprung in den Profifußball hat der Frankfurter wie Bertram aber noch nicht geschafft. Sowohl bei der SGE als auch in Duisburg konnte er sich dauerhaft nicht durchsetzen, überzeugte aber diese Saison als Linker Verteidiger bei Wacker Burghausen. An Chaftar, der wohl die Planstelle Bönigs einnimt, waren mehrere Zweitligisten interessiert. Der Spieler hat das spielerische Potential für hochklassigen Fußball, war aber ähnlich wie Faton Toski bislang kein "Vielspieler" in seiner Karriere.


Die nächsten Transfers stehen bereits in den Startlöchern, den Erwartungen nach großen Namen müssen jedoch gedämpft werden. Die neuen Spieler werden vermutlich alle ablösefrei sein und eher aus unterklassigen Teams nach Bochum stoßen. Was wie im Fall von Christoph Kramer kein Nachteil sein muss. Doch bevor weitere Spieler vorgestellt werden können muss sich zuerst die Zukunft von Luthe, Inui, Azaouagh(s.o.), Ginczek (Dortmund will ihn zurück), Federico (50:50 ob Verlängerung oder Karriereende), und den Leihspielern Heerwagen, Dedic und Rzatkowski (Letzterer wird wohl zurückkommen!) klären.


Glück Auf!



VfL Bochum 1848 - TSV Eintracht Braunschweig   2:0 (1:0)

1-0 Freier 3.
2-0 Ginczek 90.



Luthe - Acquistapace(74.Stevens), Maltritz, Eyjolfsson, Bönig - Kramer(46.Berger) - Freier, Dabrowski - Federico(70.Sinkiewicz) - Inui, Ginczek