Montag, 22. April 2013

Peter Neururer bringt Punkte, Zuschauer und Geld - Bochum hat den Klassenerhalt wieder in eigener Hand

Sechs Punkte in Sechs Tagen - dank dieser für diese Saison außergewöhnlichen Bilanz hat Peter Neururer den vor 14 Tagen klinisch toten VfL Bochum neues Leben eingehaucht und eine ganze Stadt mobilsiert, das nach wie vor schwer zu realisierende Ziel Klassenerhalt gemeinsam zu erreichen.

2-0 in Cottbus, 3-0 gegen St.Pauli vor über 26.000 Zuschauern - der VfL Bochum lebt gerade einen kleinen Wiederauferstehungstraum, ganz genau aber wissend, dass diese beiden so überlebenswichtigen Siege die Situation keineswegs entspannt, sondern lediglich verbessert haben. In der Provinz, in Sandhausen, ereilt dem VfL wohl sein Schicksalsspiel, denn dort gilt es die hoffnungsvolle Aufbruchstimmung mit einem dritten Sieg in Folge zu füllen - dem ersten "Hattrick-Sieg" seit April/Mai 2011.

VfL wie zu seinen besten Zeiten

Ein kleiner Rückblick auf das schönste Spiel der letzten Jahre, dass die hartgesottenen VfL-Fans im Ruhrstadion erleben durften, sei aber gestattet. Mit 26.200 Zuschauern erlebte der Verein ausgerechnet in der schwierigsten Phase seiner Vereinsgeschichte einen neuen Zweitligabesucherrekord! Letztmals mehr Zuschauer passierten in den Partien gegen Bayern München (Dezember 2011), Borussia Mönchengladbach (Mai 2011) und Hannover 96 (Mai 2010) die Stadiontore - großer Unterschied zu den Spielen damals: Man ging diesmal als Gewinner aus der Partie heraus.

Glücksbringer St.Peter
Peter Neururer hat es in seiner Präsentations-PK gesagt: Der Zeitpunkt, zurück zu kommen, ist alles andere als ideal. Dennoch schaffte er es innerhalb kürzester Zeit, alle Stärken des Vereins zu bündeln und dem VfL Bochum kein völlig neues, aber ein lange vermisstes Gesicht zu geben. Freilich nicht ohne Risiko, denn Neururer selbst weiß, dass das ganz große Zittern, vielleicht auch schon Resignation, eingetreten wäre, wenn die Mannschaft das Spiel gegen St.Pauli, vor voller Zuschauerunterstützung, abermals in den Sand gesetzt hätte. Doch wer Neururer kennt weiß, dass genau darin seine Stärke liegt: Alles auf eine Karte zu setzen. Geradlinigkeit, Teamdenken, den Fokus auf die eigenen Stärken zu legen - Neururers Methoden sind keineswegs neu, doch waren sie wie sich zeigt sehr sehr lange vermisst worden in Bochum, bei tausenden von Fans und bei einer Mannschaft, die wohl genau diese Art von Motiviation, Stärkung und auch öffentliche Wahrnehmung gebraucht hat.

Gegen den FC St.Pauli absolvierten die immernoch zweifelsohne talentierten Bochumer Fußballer ihr bestes Offensivspiel der Saison, gegen einen Gegner, der körperlich extrem robust aufgestellt ist, aber auch nicht grundlos dort in der Tabelle steht, wo er steht: Nämlich ab sofort in Reichweite des VfL.
Neururer, der relativ schnell (auch aus Mangel an Alternativen) seine Startelf gefunden hat - deren Aufstellung auch absolut nachvollziehbar ist und keinerlei Diskussion bedarf) - scheint auch aus dem ein oder anderen Spieler ungeahnte Stärken herauskitzeln zu können. Zlatko Dedic, beispielweise, auch so ein Kandidat, der, da keine Alternative, "gesetzt" ist, erzielte nach seinem Treffer in Cottbus gleich weitere zwei Tore gegen St.Pauli. In Bochum ist ihm das zuvor noch nicht gelungen. Auch Yusuke Tasaka, dem Neururer laut der Zeitung mit den großen vier Buchstaben für die kommende Saison hoffentlich nicht zu voreilig die Rolle des "10ers" versprochen hat, überzeugte gegen St.Pauli als unglaublich starker Fußballer in der Offensive. Nur allzuoft kommt einen da dieser Gedanke, wo diese Mannschaft "hätte" stehen können, wenn sie doch nur immer so gespielt "hätte"...

Montag Morgen in Bochum: IRRE!
Doch die VfL-Fans folgen dem Plan Neururers, so viel wie möglich aus den wenig verbleibenden Spielen zu machen und sich nicht über verlorene Punkte und die vielen misslungenen Transfers (Gelashvili, Iashvili, Ortega, Scheidhauer, Bertram, Brügmann - keiner von ihnen stand gegen St.Pauli im Bochumer Aufgebot...) aus den Amtszeiten der Vorgänger zu ärgern. Für das kommende Heimspiel gegen Köln sind bereits zwölf Tage vor dem Spiel fast alle Karten verkauft worden. Eine echte Bundesligaatmosphäre könnte es dann geben in Bochum, wenn es für beide in den letzten Jahren kriselnden Kindern der Bundesliga um richtig viel geht: Für den VfL um den direkten Klassenerhalt, und für den FC um die allerletzte Chance, doch noch die kleine Gelegenheit auf den Aufstieg über den so blöden wie unnötigen Umweg Relegation wahrzunehmen.


Glück Auf!


VfL Bochum 1848 - FC St.Pauli Hamburg   3:0 (2:0)

1-0 Dedic FE 25.
2-0 Dedic 37.
3-0 Tasaka 70.


Luthe - Freier, Maltritz, Acquistapace, Lumb - Kramer, Goretzka(83.Dabrowski) - Tasaka, Rzatkowski(77.Toski) - Aydin(73.Delura), Dedic


Torschüsse:        22 - 19
Ballbesitz(%):     44 - 56
Zweikämpfe(%): 44 - 56
Ecken:                  9 - 6
Flanken:              12 - 7

Zuschauer: 26.072







+++News+++

Ex-Nationalspieler Christian Wörns, seit dieser Spielzeit Bochumer U-15 Coach, wird das Angebot, ab nächster Saison die U-17 des VfL zu trainieren leider nicht annehmen und in selber Position bei Schalke 04 anheuern. Der Mannheimer belegt mit der VfL-C-Jugend derzeit den zweiten Tabellenplatz hinter Borussia Dortmund in der Regionalliga West.


Die Zweite Mannschaft des VfL konnte nach etlichen Unentschieden in den vergangenen Wochen einen sehr wichtigen Auswärtssieg beim schwer angeschlagenen Wuppertaler SV einfahren und hat nun wieder drei Punkte Vorsprung auf die Abstiegszone der Regionalliga West. Der zu den Amateuren verbannte Kevin Scheidhauer und der Torjäger vom Dienst, Sven Kreyer, erzielten die Treffer beim 2-0 Auswärtssieg des VfL im Zoo. Die Profispieler Iashvili, Gelashvili, Ortega, Bertram und Brügmann befanden sich nicht im Kader bzw. wurden nicht eingesetzt.


Donnerstag, 11. April 2013

Die Aller, Aller, Allerletzte Chance: Peter Neururer küsst den VfL Bochum wach

Freitag Abend, 19.36h, Bochum, Bratwurststand Block A:

Unter den Fans im Block A, die ja doch das Geschehen an der Castroper Straße sehr aufmerksam verfolgen, reift nicht plötzlich ein völlig neuer Gedanke, es ist mehr ein Wissen, was Montag morgen beim VfL passieren wird. Der allgemeine Tenor: Neururer wird's machen.

Ja, auch der Autor dieses Artikels ist vergangene Woche der Aufforderung des Vereins gefolgt, die Mannschaft in dem so wichtigen Heimspiel gegen Erzgebirge Aue im Stadion zu unterstützen. Sorgen, dass die Fans den Club in dieser heiklen Phase im Stich lassen könnten, waren gegeben, als bis Donnerstag lediglich 6.500 Tickets verkauft werden konnten. Am Ende kamen sie doch, die Fans, über 13.000 beobachten das Geschehen auf dem Rasen, liessen ihren Verein, ihre alte Liebe nicht im Stich. Sie wurden aber im Stich gelassen.

Was war geschehen? Der VfL verlor eine Partie, die nicht von wenigen völlig zurecht als "Schickssalsspiel" tituliert wurde, auf schlimmste Art und Weise mit 0:3(0:3) gegen Erzgebirge Aue. Gegen das Erzgebirge Aue, gegen das man im Spätoktober, bei ähnlich kalten, aber noch weit unangenehmeren äußeren Bedingungen schon mit 1-6 auf die Fresse bekommen hat. Kein Einsatz, kein Aufbäumen, kein Zweikampfverhalten, Fehlverhalten bei Standardsituationen wie auf dem Bolzer - vieles, wenn nicht alles erinnerte an die 0:3 Heimniederlage im bislang letzten Bundesligaspiel gegen Hannover 96.


Alles auf Anfang beim VfL Bochum

Was die meisten Fans schon wussten, passierte dann am Montag: Der Aufsichtsrat entliess sowohl Vorstand Jens Todt als auch Chefcoach Karsten Neitzel aus ihren verantwortlichen Positionen. Weder Neitzel, der im Grunde sicherlich der talentierteste der letzten VfL-Trainer war noch Jens Todt, der als Manager nicht im Ansatz die Fortune in seinen Entscheidungen hatte wie einst sein Namensvetter und heutiger FIA-Präsident Jean Todt als Ferrari-Motorsportchef, waren zu halten. Zu kritisch ist die Situation, zu dürftig die Ergebnisse des Duos. Dass beide wohl unterschriftsreife Verträge im Falle des Klassenerhalts, im Idealfall noch im April, hätten unterschreiben sollen, hat einen faden Beigeschmack, ändert aber nichts an der akuten Lebensgefahr des Vereins.


Peter Neururer wie er leibt und lebt

Peter I. von Bochum  - ganz Bochum klammert sich an seinen Optimismus
Sonntag Abend hatten dann alle Fans und Freundes des Clubs Gewissheit: Endlich, nach fast acht! Jahren, kehrt Peter Neururer zu seinem Verein zurück. Eine innerhalb der Saison vollkommen überraschende Entwicklung, doch irgendwie wusste jeder, der sich mit dem VfL beschäftigt, dass es, wenn es wirklich einmal um das nackte Überleben des VfL Bochum 1848 gehen würde, nur einer den Verein zum Retten bereit ist: Peter Neururer.

Peter Neururer hat durch den unnötigen Abstieg 2005 verbrannte Erde in Bochum hinterlassen, das ist unbestritten. Doch: Seine Befürworter sind in einer enormen Überzahl zu den Kritikern. Kritiker, die derzeit entwicklungsbedingt keine Argumente gegen Neururer aufbringen können, sondern wie alle anderen Fans einfach nur hoffen, dass Neururer diese Herkulesaufgabe bewältigt und den über Jahre in den Abgrund taumelnden Verein vor der finalen Klippe retten wird können.
Der Zuspruch, den Trainer, Mannschaft und Verein durch die Neuinstallation der Trainer-Ikone allein in den ersten Tagen erhalten haben, ist für Bochumer Verhältnisse überwältigend. Speziell für den in der Öffentlichkeit kaum noch beachteteten Ruhrgebietsverein ein Hallo-Wach Erlebnis, so nach dem Motto: Ja, wir leben noch! Der VfL Bochum erreichte die Medien im In- und auch Ausland, es war wohl der interessanteste Trainerwechsel nach Guardiolas Zusage bei den Bayern in dieser Saison. Auch für den um Sponsoren kämpfenden VfL, keine schlechte Publicity. Wenn der Klassenerhalt gelingt.


Neuruer trifft erste nachvollziehbare Entscheidungen

Leidenschaft, Disziplin und Verantwortung: Neururers Leitsätze
Neururer selbst weiß, dass ihm wenig Zeit bleibt, den worst case zu verhindern, und es sich zumindest bis zum ersten Spiel in Cottbus kaum Möglichkeiten bieten, die Mannschaft entscheidend zu verbessern. Sein enges Verhältnis zum VfL ist deshalb von Vorteil: Im Gegensatz zu z.B. Jens Kellers einschläfernder Antrittsrede auf Schalke (Keller: "Muss mir erst ein Bild von der Mannschaft machen") kennt Neururer, auch durch die Freundschaft zu etlichen Mitarbeitern und natürlich zu Dariusz Wosz, praktisch jeden relevanten Spieler des Vereins genauestens. So war es auch wenig überraschend, dass Neururer bereits in sein erstes Training mit Jan Gyamerah (17) und Jannick Stevens (20) zwei talentierte Außenverteidiger berief, die die Positionen der so enttäuschenden Calle Rothenbach und Mounier Chaftar neu ausschreiben sollen. Auch kritisierte Neururer das Verhalten bei Standardsituationen scharf, es ist davon auszugehen, dass Andi Luthe in Zukunft nicht mehr auf das Besetzen des zweiten Pfostens verzichten wird können.


Im Verein, unter den Fans, HOFFENTLICH auch in der Mannschaft herrscht eine seit der Relegation nicht mehr erlebte Aufbruchsstimmung. Man ist wieder GEIL auf den VfL, gegen St.Pauli werden 20.000 Zuschauer im Stadion erwartet. Neururer küsst gerade seine alte Liebe wach. Der Traum, der es zu sein scheint, ist real. Gelingt Neururer die Rettung, kann nicht nur Neururer sein zweites Leben von vorne Beginnen, nein auch dem VfL wäre ein zweites Leben geschenkt worden. Wenn es noch Märchen geben sollte, soll das diese am 19.Mai in Bochum seinen vorläufigen Höhepunkt erreichen!


Glück Auf!

VAU EFF ELL!