Montag, 28. Oktober 2013

Jahreshauptversammlung nach Pleite in Aue: Eingeschlagener Weg alternativlos

Nein, auch bei Angstgegner Wismut Aue konnte der VfL Bochum seinen rapiden, aber alljährlich bekannten, sportlich Abwärtstrend voerst nicht stoppen. Trotz früher Führung, nervösen und vor allem fußballerisch limitierten Gegner, verbockte man sich den möglichen Auswärtssieg zu Beginn der Zweiten Halbzeit durch zwei kapitale Aussetzer innerhalb von zwei Minuten. Am Ende in einem nicht weiter zu analysierenden Spiel stand die vierte Pflichtspielniederlage in Folge, diesmal hieß es 1:2 (1:0) aus Bochumer Sicht.
Immerhin: Sorgenkind Richie Sukuta-Pasu gelang endlich sein erster Saisontreffer! Dass er dennoch weiterhin nicht auf Glücksgöttin Fortuna hoffen darf bewies sein unglücklicher Pfostentreffer in Halbzeit zwei, der im Gegenzug das 1:1 durch Guido Kocer eröffnete.


Jahreshauptversammlung lieferte interessante Zahlen

Das für die Zukunft wegweisendere VfL-Event der vergangenen Woche fand am Montag im RuhrCongress Bochum statt, als der VfL zur alljährlichen Mitgliederversammlung lud. Gut zehn Prozent (609) der mittlerweile über 5.000 Mitglieder folgten dem Ruf des Vereins und wohnten der dieses mal ohne Wahlen stattfindenden Veranstaltung bei.

Die wichtigsten Neuigkeiten waren neben der Bekanntgabe des sich andeutenden Ausscheidens Bernd Wilmerts (Stadtwerke Bochum; Reduzieren des Sponsorings beim VfL der Stadtwerke in den folgenden Jahren in Folge des Steinbrück-Skandals) aus dem Aufsichtsrat des VfL und der 42-jährigen Betriebszugehörigkeit von Christa Ternow sowie weiteren Ehrungen für langjährige Vereinsmitglieder (Helmut Niedringhaus (91) wurde für 80 Jahre Vereinstreue ausgezeichnet!) doch die spannend erwarteteten Zahlen rund um den im Sommer stattgefundenen Transfer von Leon Goretzka zu Schalke 04.

Die Verantwortlichen bestätigten, dass der VfL im Winter 2012 mit einem dem Verein nahestenden Investor ein Darlehen über 2,4mio Euro in Form eines "Transferpartizipationsvertrages" abgeschlossen hatte, was zu diesem finanziell kritischen Zeitraum den Verein vor Punktabzügen und den damit wohl verbundenden Abstieg bewahrt hatte. Dieses Darlehen konnte mittlerweile wieder aufgelöst werden, was natürlich an der Tatsache liegt, dass man mit Leon Goretzka seinen mit Abstand wertvollsten Kicker veräußern musste. Ob Goretzkas Abgang aufgrund des Darlehens tatsächlich schon im Dezember 2012 feststand konnte nicht erörtert werden, weil keine genaueren Details bezüglich des Vertrags offen gelegt wurden.
Dass Leon Goretzka dem Verein aber finanziell mehr Plus erwirtschaftet hat als in den Medien zunächst spekuliert, dürfte wohl auch die entspannte Atmosphäre der Versammlung erklären: Zwar wurde keine endgültige Summe genannt, die Schalke an den VfL bis 2016 überweisen wird müssen, aber allein die Spielerabgänge von Takashi Inui (Nachzahlungen) und Leon Goretzka spulten dem Verein im abgelaufenen Geschäftsjahr vorerst 5,5mio Euro in die Vereinskassen. Es darf davon ausgegangen werden, dass Leon Goretzka bereits jetzt dem Verein fünf Millionen Euro eingebracht haben dürfte. Desweiteren profitierte man von Nachzahlungen durch Transferweiterbeteiligungen für Spieler wie Chong Tese, Ilkay Gündogan (Champions League Erfolge) oder Kevin Vogt. Ilkay Gündogan könnte dem VfL im Falle eines lukrativen Wechsels ins Ausland ähnlich wie im Falle Mesut Özil und Rot-Weiß Essen noch weitere interessante Ablösegelder einspielen.

Plus von 1,25 Millionen Euro

Doch so positiv diese Zahlen auch scheinen - diese aufgelisteten Transfererlöse sichern dem VfL Bochum überhaupt das Fortbestehen im Profifußball. Insgesamt konnte Ansgar Schwenken zwar einen Gewinn von 1,25mio Euro im Geschäftsjahr 2012/13 aufweisen - dennoch lebte der Verein in den vergangenen Zweitligajahren weit über seinen Verhältnissen. Doch die Konsolidierung konnte vor allem in diesem Sommer, als man an der Hauptkostenstelle, die einen Zweitligisten plagen, die hohen Spielergehälter, drehte, nach vorne getrieben werden: So plant der Verein für die aktuelle Saison auch ohne Spielerverkäufe mit einem weiteren Plus und somit mit einer weiter Reduzierung der angehäuften Schulden (derzeit ca. 6,7mio Euro). Die Kehrseite der Medaille ist, dass für sportliche Verstärkungen vorerst kein Handlungsspielraum da ist. Die gerade erst durchgeführte Verringerung des Lizenzspielerkaders auf 7,1mio Euro ist alternativlos. Nur über eine drastische Kosteneinsparung ist ein Spielbetrieb in der Zweiten Liga auf Dauer möglich. So ist es erfreulich, dass man in Bochum bereits ein Jahr früher als geplant schwarze Zahlen schreiben konnte. Die Bundesliga mit ihren prall gefüllten Geldtöpfen enteilt freilich immer weiter - aber das ist ein anderes Thema.

Der eingeschlagene Weg, ohne "Starspieler", mit dem Fokus auf die Jugend (die dem Verein eine jährliche Unterdeckung von 1,5mio Euro wert ist) und auch mit Trainer Peter Neururer, der zuletzt aufgrund des Negativlaufs in Kritik geraten ist, ist stand heute alternativlos. Es wird noch eine Zeit lang dauern, bis sich der Verein wirtschaftlich wieder so aufgestellt sieht, dass ein Angriff auf die beiden Aufstiegsplätze möglich erscheint. Bis dahin muss man weiter kleine Brötchen backen, mit sportlich wenig (Klassenerhalt) zufrieden sein, die Aufwendungen weiter versuchen zurückzufahren, ohne zugleich sportlich komplett abzusacken. Dass dieser Ausblick wenig Lust auf die anstehenden Bundesligaspiele macht mag verständlich sein, doch nur mit guten Leistungen auf dem Platz, mit mehr Zuschauereinnahmen auf den Tribünen, wird es möglich sein, den Verein Schritt für Schritt wieder nach oben zu führen. Dass es sportlich gesehen in dieser Saison wohl erneut gegen den Abstieg gehen wird ist eine harte Prüfung für Fans, Spieler und Verantwortliche des VfL Bochum - doch muss sie auch 2013/14 erfolgreich bestanden werden.
Die aktuelle Mannschaft besitzt dennoch mehr Potential als die Mannschaften der vergangenen Jahre, ist deutlich jünger, entwicklungsfähiger. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Mannschaft nach der derzeitigen Krise noch erfolgreichere Zeiten für den VfL ermöglichen könnte. Am besten schon heute Abend, wenn es um 20.15 im rewirpowerSTADION gegen den 1.FC Kaiserslautern geht.

Glück Auf!


Montag, 14. Oktober 2013

Bochumer Herbst - die Vierte

War es früher die gewohnte Regelmäßigkeit, dass der VfL Bochum in der Bundesliga spielend sich Punkt für Punkt hart erkämpfen musste, in den nicht seltenen Zweitligajahren jedoch oftmals genüsslich durch das Fußballunterhaus spazierte, ist es heuer bereits das vierte Jahr, in dem es die Mannschaft des VfL den Fans nicht leicht macht, den ohnehin zur Depressivität neigenden Herbst, mit seinen immer kürzer werdenden Tagen, zu ertragen.

Dieser "Bochumer Herbst" entwickelt sich zur Gewohnheit, wenn draußen die ersten Blätter fallen, und die Bundesligen in die von Länderspielpausen permanent durchbrochenen September, Oktober und November-Spielwochen gehen. Dass sich in diesen tristen Fußballmonaten, in denen ein knappes Drittel der ganzen bis Mai dauernden Saison bereits gespielt ist, dem VfL dann allzuoft auch noch die eher unattraktiven, da mit Fußball wenig bis keine Tradition verbindenden Clubs, in den Weg stellen, mag mitunter auch ein Hauptgrund sein, wieso man heute Zweite Bundesliga spielt und trotz netter, bisweilen eleganter Überraschungssiege keine ernsthafte Konkurrenz zu den besiegten Top-Teams wie Greuther Fürth oder Union Berlin darstellt.

Nur was ist los beim VfL im Herbst? Nach dem Erreichen des vierten Tabellenplatzes Mitte September nach dem Auswärtssieg in Fürth, der einzigen Niederlage die die Franken bis dahin am Tag des Wahl-Triumphes Horst Seehofers hatten einstecken müssen, folgten trotz sportlich mutmachender Perspektive knallharte vier Niederlagen in Folge. Statt Aufstiegsrelegation, Abstiegsrelegation. Unfassbar. Ins Bild passt, dass die Leistungen bei diesen Niederlagen von Spiel zu Spiel abnahmen. Konnte man gegen Aalen und Frankfurt noch spielerisch gute Leistungen attestieren, baute die Truppe gegen Sandhausen und Ingolstadt komplett ab.

Ingolstadt - wieder Ingolstadt. Tabellenletzter, vier magere Pünktchen aus neun Partien - Heimniederlage. War da nicht mal was? Ja genau Ingolstadt, die Schanzer, die, mit ihren vier Ringen auf den Trikots und den vier Fans auf der Tribüne. Vor knapp drei Jahren, damals im Bochumer Herbst 2010, der VfL gerade frisch abgestiegen, in der Liga zwischen gut und böse im Niemandsland platziert, empfing den damaligen Aufsteiger FC Ingolstadt, bis zu diesem Zeitpunkt (13.Spieltag) hoffnunglos abgeschlagener Tabellenletzter, vier "Pünktal", auswärts sowieso ein "Schlachtopfer". Kam nach Bochum. Und gewann spielend leicht mit vier zu eins. Die Partie damals, wohl eine der katastrophalsten Fußballerischen Leistungen, die der VfL-Fan je ertragen musste, war zugleich das Ende für eine Reihe mehr oder weniger verdienter Spieler des VfL. Friedhelm Funkel mistete nach dieser Demontage gnadenlos aus, Milos Maric zum Beispiel, Mergim Mavraj, Marc Pfertzel und Dennis Grote machten in der Folge kein Spiel mehr für den VfL. Funkel ging Risiko, brachte statt den Abstiegsspielern junge, unverbrauchte Spieler. In Folge der Wechsel rückten die gänzlich unerfahrenen Kevin Vogt, Marc Rzatkowski und Matthias Ostrzolek ins Team - und wussten zu überzeugen. Der riskante Plan ging auf, Funkel gewann die acht darauf folgenden Spiele, blieb 15 Partien unbesiegt, und verpasste am Ende der Saison nur aufgrund der schlechteren Tordifferenz im Vergleich zum FC Augsburg beziehungsweise aufgrund der unglücklich verlorenen Relegation gegen Borussia Mönchengladbach den verdienten Wiederaufstieg. Heute spielen die aufgelisteten Spieler Vogt, Ostrzolek, Rzatkowski längst nicht mehr beim VfL, die beiden erstgenannten hat es in die Bundesliga zum ehemaligen Konkurrenten Augsburg, Rzatkowski ans Hamburger Millerntor zu St.Pauli gezogen. Gegen Ingolstadt anno 2010 war immerhin Vogt auf dem Platz, er ersetzte damals Kapitän Christoph Dabrowski. Da doch der ein oder andere Spieler von damals mittlerweile eine Klasse oberhalb des VfL spielt lässt die Frage zu, ob man auf die falschen Spieler, soweit das möglich ist bei einem mehr als begrenzten Budget, gesetzt hat, oder in der heutigen Mannschaft noch immer ein paar Bremsklötze aktiv sind, deren Ableben erst die Kernsanierung des Vereins ermöglichen?
NEIN. Slawo Freier beispielsweise, "Ingolstadt-Experte", war er doch bei vier der fünf Niederlagen (in sieben Aufeinandertreffen!) gegen die Schanzer mit dabei, war am vergangenen Sonntag bei der 0-1 Niederlage genauso wie bei der 1-4 Pleite im Oktober 2010 bester Bochumer Feldspieler. Auch Marcel Maltritz erlebte beide Spiele, spielte 2010 unglücklich, nach Ingolstadt aber höchst konzentriert, er war ein Hauptfaktor für die gute Rückrunde mit 37 Punkten und den vielen zu Null-Siegen.

Wo also hat Peter Neururer anzusetzen, um nicht erneut aus einer noch aufzufangenden Herbstdepression eine existenzbedrohende Abwärtsspirale werden zu lassen, die dann irgendwann einmal nicht mehr so einfach mit einer Siegesserie zu Saisonende zu retten ist, wie es Neururer im April geschafft hat?
Ersetzte Luthe und unterschätzte den Ball: Bruno Esser
Sicherlich könnte eine Enspannung auf dem Verletzungssektor Abhilfe schaffen - konnte Neururer doch noch nie in dieser Saison auf seine favorisierte Formation zurückgreifen, der sicherlich die derzeit fehlenden oder angeschlagenen Andreas Luthe, Felix Bastians, Florian Jungwirth, Jan Gyamerah, ein fitter Christian Tiffert und Heiko Butscher angehören würden. Doch dass es den VfL in Sachen Verletzungen oft heftiger tifft als die Konkurrenz, ist auch nicht erst seit dieser Spielzeit so. Bereits in den vergangenen Jahren hatten Bochumer Spieler länger als erwartet mit Muskel- und Bänderverletzungen zu kämpfen, ganz abgesehen von den vielen Langzeitknieverletzten Spielern um Fabian, Sinkiewicz und Gündüz. Immerhin ist ein Comeback von Linksaußen Felix Bastians, der nachdem er beim Eröffnungsspiel in Berlin die Linke Abwehrseite sehr souverän im Griff hatte, drei Monate pausierte, in Aussicht gestellt, und Lukas Sinkiewicz, der sich im Pokalspiel Ende Februar aufopferte, feierte wie Selim Gündüz diese Woche sein Comeback im Mannschaftstraining. Dass die Rückkehr von Leistungsträgern dem zwar diese Saison breiteren, wenn auch noch immer nicht vollkommen homogen gestalteten Kaders, der Sicherheit im VfL-Spiel dienen werden, dürfte unbestritten sein.

Die Länderspielpause konnte in Bochum somit produktiv genutzt werden und die Voraussetzungen für ein besseres Abschneiden in den kommenden Spielen gelegt werden - die Aussicht wird jedoch von der Tatsache getrübt, dass der kommende Gegner Erzgebirge Aue heißt. Hier meinte es der Spielplan nicht gut mit dem VfL, der die Bochumer ausgerechnet nach einer Länderspielpause und nach einer Heimniederlage gegen den FC Caiuby-Ingolstadt ins mittlerweile schon gefürchtete Erzgebirge reisen lässt. Am 1.5.2006 hat man dort zwar mit 1:0 gewonnen (Tor Czysczcon), danach aber eine Abfuhr nach der anderen erlitten. Negativer Höhepunkt war natürlich das Spiel im Vorjahr, welches zu einem ähnlichen Zeitpunkt der Saison stattgefunden hat wie in dieser Spielzeit (siehe: http://vfl-pa.blogspot.de/2012/11/erlebnisbericht-erzgebirge.html) und den kalten Winter 12/13 einleitete. Tags darauf wurde Trainer Bergmann zu recht entlassen - man möge hoffen, dass es diesmal anders laufen wird.


Glück Auf!