Freitag, 18. April 2014

Bochum rüstet sich über Ostern für den Endspurt

Der glatte 2:0 Sieg von Erzgebirge Aue am Gründonnerstag gegen Dynamo Dresden brachte Erleichterung ins Lager des VfL Bochum. "Negativer Druck" sei abgefallen, laut Cheftrainer Peter Neururer, der durch einen erneuten Sieg der Dresdner sicher noch stärker geworden wäre. Die Ansetzung des Sachsenderbys auf den Grünndonnerstag, keine 72 Stunden nach dem aufopferungsvollen Heimsieg der Dresdener gegen München-Giesing, mag sicher nicht von Nachteil gewesen sein - aus Bochumer Sicht.


So kann der VfL in diesen österlichen Zeiten etwas entspannter in die Nahe Zukunft blicken. Denn man spielt er ja erst am Ostermontag gegen den designierten Aufsteiger aus Köln. Übrigens: Beim letzten Ostermontagsspiel des VfL 2006 in Aachen stieg sowohl die Heimmannschaft als auch der VfL auf - Zeitgleich. Ein bislang einzigartiges Ereignis in der Geschichter der Fußball-Bundesliga.

Zwei "Große" des Ruhrpott-Fußballs feierten 2006 in Aachen: Dariusz Wosz und Willlllllllie Landgraf
Die leichte Entspannung auf dem Punktesektor war auch bitter nötig, durchlebten die Fans des VfL nach dem letzten Blog-Eintrag Mitte März, nach dem Erfolg in Aalen, doch ein Wechselbad der Gefühle. Erst verpasste man im desolaten Heimspiel gegen Sandhausen (0:1) den Befreiungsschlag, in der darauf folgenden Englischen Woche geriet man durch die unglückliche, dafür aber umso hohe Pleite in Ingolstadt (0:3) wieder einmal in akute Abstiegsnot. Doch die Wende scheint rechtzeitig geschafft worden zu sein, denn das vier Tage auf Ingolstadt folgende Heimspiel gegen Erzgebirge Aue, konnte trotz etlicher gesperrter und verletzter Spieler knapp, aber verdient mit 1:0 gewonnen werden. Eine solide Auswärtspartie in Kaiserslautern (1:1) und einem glücklich zustande gekommenen Heimsieg gegen Absteiger Energie Cottbus (2:1) später stehen die Bochumer Jungen nun vier Spiele vor Schluss mit 6 Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz bei soliden 37 Zählern. Bei noch ausstehenden Heimspielen gegen Arminia Bielefeld und Karlsruhe sollte der Klassenerhalt stand Karfreitag 2014 nur noch Formsache sein.

Beste Saison seit drei Jahren "droht"

Trotz möglicherweise erneutem Klassenerhalt: In den Foren stark umstritten
Was manchen Fans, besonders denen, die anonym in den einschlägigen Internetforen ihr Unheil treiben, nicht genügen mag. Die unsäglichen, teils unbegründeten gegen den Trainer gerichteten und hauptsächlich dessen nicht vorhandenes "Konzept"? kritisierenden Schönwetterfußballer vergessen meiner Ansicht nach oftmals wo der VfL die vergangenen Jahre stand, und dass mit wenig finanziellen Mitteln nicht sofort aus dem Nichts alles wieder gut werden kann. Es gibt sicher einige Gründe, die zu dieser Saison führten, in der man sicherlich offensiv viel zu wenig Tore erzielt hat, aber neben dieser unschönen Statistik sich in anderen Bereichen doch stark verbessert hat, was nicht unter den Tisch fallen sollte. Objektiv betrachtet "droht" es für den ein oder anderen Fan die beste Saison seit 2011 zu werden, und das obwohl man sich doch so herrlich über Neururer, Sukuta-Pasu oder Yusuke Tasakas "Unfähigkeit" aufregen kann.

Wenn man bedenkt dass man vor zwei Jahren am Saisonende bei lediglich 37 Punkten sogar Tabellen-Elfter wurde, unterstreicht das nochmal die dieses Jahr besonders ausgeglichene und undurchschaubare 2.Bundesliga. Auch im Vorjahr, als man am Ende, auch dank des lange nicht für möglich gehaltenen Schlussspurts auf 38 Punkte kam, war die Liga weitaus unausgeglichener als in diesem Jahr. Vier, Fünf Siege mehr - und die wären allemal möglich gewesen, und man würde Ende April um den Aufstieg kämpfen. Aber auch nur zwei Siege weniger, und die Kacke wäre ganz gewaltig am Dampfen. Gelingt es dem VfL, die Klasse zu halten, und unter Umständen tatsächlich noch vor TV-Geld-Konkurrent FSV Frankfurt einzulaufen, könnte man zufrieden sein mit einer Spielzeit, von der sich viele Fans mehr erwartet haben, unter Umständen auch mehr drin gewesen wäre, aber eine Steigerung im Vergleich zu den Vorjahren auf keinen Fall verleugnet werden darf.

Neururers Truppe könnte diese Saison endlich einmal wieder mit über 40 Punkten abschließen, dieses "Kunststück" ist in der abgelaufenen Dekade lediglich vier mal geschafft worden (2006: 66Punkte; 2007: 45; 2008: 41; 2011: 65), in den vergangenen beiden Jahren aber trotz höher individueller Klasse der Mannschaft (Inui, Ginczek, Azaouagh, Tese, Federico, Goretzka, Kramer - um nur ein Paar zu nennen) gnadenlos verpasst worden. Dass es dieses Jahr nicht für mehr gereicht hat, liegt eigentlich klar auf der Hand. Der Kader war, obwohl schon deutlich besser und ausgeglichener ausgestattet als in den Vorjahren, als man praktisch das ganze Jahr mit dem Außenbahnduo Rothenbach/Chaftar über die Runden kommen musste, auf manchen Positionen, besonders in der Offensive, nicht ausreichend gut besetzt. Nach dem Abgang Ilsös war die Offensive so dünn wie bei kaum einem anderen Zweitligisten belegt. Besonders pervers war dies beim Spiel in Kaiserslautern zu beobachten, in dem zwar der Lauterer-Leihspieler Sukuta-Pasu ein Tor für Bochum erzielte, nach der Verletzungsbedingten Auswechslung von Aydin dem Zuseher aber die unterschiedlich krass besetzten Kader der Mannschaften vor Augen geführt wurde. Schließlich kam Sukuta-Pasu nur nach Bochum, weil man in der Westpfalz noch vier bis fünf andere namhafte Jungs im Team hat, die schön der Reihe nach in so einer Partie eingewechselt werden. Neben Starstürmer Idrissou hat man sich in K-Town noch den Luxus gegönnt, Stürmer der Namen Zoller, Lakic, Bunjaku und Olivier Occean auf der Gehaltsliste zu platzieren, unbeachtet der weiteren Offensivspieler um Fortunis, Ede, Gaus oder Matmour. Ein Mimoun Azaouagh ist dort schon längst kein Thema mehr. Kein Wunder, dass Stefan Kuntz im anstehenden dritten Zweitligajahr radikal kürzen wird müssen - besonders in der für Zweitligaverhältnisse mehr als üppigen Angriffsreihe.

Hätte beim VfL vielleicht noch ein Stürmer mehr auf der Payroll gestanden, hätte ein - in Kaiserslautern übrigens verehrter - Christian Tiffert noch das Tempo aus früheren Zeiten gehabt, hätte ein Felix Bastians nicht große Teile der Saison verletzungsbedingt gefehlt oder hätte Yusuke Tasaka nicht die ganze Saison einfach nicht seinen Rhythmus, geschuldet auch einer nicht auf ihn zugeschnittenen Spielauslegung, gefunden - ja dann wäre vielleicht mehr möglich gewesen, so wie dieses Jahr in Paderborn, die wohl am Ostersonntag die Weichen auf erstmaligen Bundesligaaufstieg stellen werden. Aber diese Absicherung durch einen fetten Kader, die sie in Kaiserslautern letztlich aber auch nicht war, kann man sich in Bochum nach vier Jahren Zweite Liga bei einem Lizenzspieleretat von ca. 7mio € nicht mehr leisten. Ob man in der Zukunft tiefer in die Tasche greifen wird können bleibt abzuwarten - ein erster Schritt wäre schon einmal die bessere Endplatzierung als der FSV Frankfurt einzunehmen.



Diskussionen um Sven Kreyer

Matchwinner gegen Cottbus: Sven Kreyer (l.)
In Folge der dünnen Personallage im Angriff keimte in der vergangenen Woche eine so nicht erwartete Diskussion um Amateurstürmer Sven Kreyer auf. Kreyer, anerkannter Sturmführer der Amateure in der Regionalliga West und praktisch die komplette Saison im Kader der Profis, war vergangenen Sonntag mit Hauptverantwortlich für das gewonnene Spiel gegen Energie Cottbus. Kreyer erzielte in seinem siebten Profieinsatz sein erstes Tor und bereitete das zweite durch einen herausgeholten Elfmeter vor. Mit seiner aggressiven, couragierten Spielweise spielte sich der Düsseldorfer nicht nur in die Herzen der Fans, auch Torwart Andy Luthe schwärmte von dem neben Lukas Klostermann einzigen Nicht-Profi im Kader des VfL.
Dass Kreyers Amateurvertrag am Saisonende ausläuft ist allseits bekannt. Dass Kreyer als Jahrgang 1991 wohl nicht länger als Vertragsamateur beschäftigt werden kann, ebenfalls. Trotzdem überraschte es, als Peter Neururer wenig berauscht über Kreyers starke Leistung mitteilte, dass dieser ja eigentlich nur spiele, weil niemand anderes da sei. Mag sein, aber man hätte es sicher besser ausdrücken können, Trainer*! (*Anspielung auf Christian Schönhals - Insider)
Tatasache ist, dass Kreyer auf einen Profivertrag spekuliert. Zu Recht. In der Regionalliga West ist er einer der besten Angreifer, schon im Vorjahr lag ihm ein unterschriftsreifer Vertrag von Jahn Regensburg vor. Kreyer blieb in Bochum, spekulierte auf den Durchbruch. Den schaffte er nicht, war zuletzt aber ein wichtiger Faktor beim Sieg gegen Cottbus. Der von vielen Fans jetzt erhoffte Heilsbringer kann Kreyer nicht sein. Bis auf das Spiel gegen Cottbus wusste Kreyer bislang nicht unbedingt zu überzeugen, Neururers Einschätzung, dass Kreyer kein Stürmer sei, der uns auf Dauer in der Zweiten Liga weiterhilft, mag stimmen. Es wäre nicht der erste Stürmer der Bochumer Amateurmannschaft, der wegen der Altersgrenze aus dem Verein scheiden müsste. Doch noch bleiben Kreyer vier Partien sich für einen Profivertrag, seinen ersten, zu empfehlen. Einsatzzeiten erhält er in den kommenden Spielen noch genügend. Dann wird sich zeigen, ob man beim VfL auf Kreyer setzt oder der Meinung ist, für das gleiche Geld einen besseren Angreifer verpflichten zu können.


Glück Auf!