Montag, 14. Oktober 2013

Bochumer Herbst - die Vierte

War es früher die gewohnte Regelmäßigkeit, dass der VfL Bochum in der Bundesliga spielend sich Punkt für Punkt hart erkämpfen musste, in den nicht seltenen Zweitligajahren jedoch oftmals genüsslich durch das Fußballunterhaus spazierte, ist es heuer bereits das vierte Jahr, in dem es die Mannschaft des VfL den Fans nicht leicht macht, den ohnehin zur Depressivität neigenden Herbst, mit seinen immer kürzer werdenden Tagen, zu ertragen.

Dieser "Bochumer Herbst" entwickelt sich zur Gewohnheit, wenn draußen die ersten Blätter fallen, und die Bundesligen in die von Länderspielpausen permanent durchbrochenen September, Oktober und November-Spielwochen gehen. Dass sich in diesen tristen Fußballmonaten, in denen ein knappes Drittel der ganzen bis Mai dauernden Saison bereits gespielt ist, dem VfL dann allzuoft auch noch die eher unattraktiven, da mit Fußball wenig bis keine Tradition verbindenden Clubs, in den Weg stellen, mag mitunter auch ein Hauptgrund sein, wieso man heute Zweite Bundesliga spielt und trotz netter, bisweilen eleganter Überraschungssiege keine ernsthafte Konkurrenz zu den besiegten Top-Teams wie Greuther Fürth oder Union Berlin darstellt.

Nur was ist los beim VfL im Herbst? Nach dem Erreichen des vierten Tabellenplatzes Mitte September nach dem Auswärtssieg in Fürth, der einzigen Niederlage die die Franken bis dahin am Tag des Wahl-Triumphes Horst Seehofers hatten einstecken müssen, folgten trotz sportlich mutmachender Perspektive knallharte vier Niederlagen in Folge. Statt Aufstiegsrelegation, Abstiegsrelegation. Unfassbar. Ins Bild passt, dass die Leistungen bei diesen Niederlagen von Spiel zu Spiel abnahmen. Konnte man gegen Aalen und Frankfurt noch spielerisch gute Leistungen attestieren, baute die Truppe gegen Sandhausen und Ingolstadt komplett ab.

Ingolstadt - wieder Ingolstadt. Tabellenletzter, vier magere Pünktchen aus neun Partien - Heimniederlage. War da nicht mal was? Ja genau Ingolstadt, die Schanzer, die, mit ihren vier Ringen auf den Trikots und den vier Fans auf der Tribüne. Vor knapp drei Jahren, damals im Bochumer Herbst 2010, der VfL gerade frisch abgestiegen, in der Liga zwischen gut und böse im Niemandsland platziert, empfing den damaligen Aufsteiger FC Ingolstadt, bis zu diesem Zeitpunkt (13.Spieltag) hoffnunglos abgeschlagener Tabellenletzter, vier "Pünktal", auswärts sowieso ein "Schlachtopfer". Kam nach Bochum. Und gewann spielend leicht mit vier zu eins. Die Partie damals, wohl eine der katastrophalsten Fußballerischen Leistungen, die der VfL-Fan je ertragen musste, war zugleich das Ende für eine Reihe mehr oder weniger verdienter Spieler des VfL. Friedhelm Funkel mistete nach dieser Demontage gnadenlos aus, Milos Maric zum Beispiel, Mergim Mavraj, Marc Pfertzel und Dennis Grote machten in der Folge kein Spiel mehr für den VfL. Funkel ging Risiko, brachte statt den Abstiegsspielern junge, unverbrauchte Spieler. In Folge der Wechsel rückten die gänzlich unerfahrenen Kevin Vogt, Marc Rzatkowski und Matthias Ostrzolek ins Team - und wussten zu überzeugen. Der riskante Plan ging auf, Funkel gewann die acht darauf folgenden Spiele, blieb 15 Partien unbesiegt, und verpasste am Ende der Saison nur aufgrund der schlechteren Tordifferenz im Vergleich zum FC Augsburg beziehungsweise aufgrund der unglücklich verlorenen Relegation gegen Borussia Mönchengladbach den verdienten Wiederaufstieg. Heute spielen die aufgelisteten Spieler Vogt, Ostrzolek, Rzatkowski längst nicht mehr beim VfL, die beiden erstgenannten hat es in die Bundesliga zum ehemaligen Konkurrenten Augsburg, Rzatkowski ans Hamburger Millerntor zu St.Pauli gezogen. Gegen Ingolstadt anno 2010 war immerhin Vogt auf dem Platz, er ersetzte damals Kapitän Christoph Dabrowski. Da doch der ein oder andere Spieler von damals mittlerweile eine Klasse oberhalb des VfL spielt lässt die Frage zu, ob man auf die falschen Spieler, soweit das möglich ist bei einem mehr als begrenzten Budget, gesetzt hat, oder in der heutigen Mannschaft noch immer ein paar Bremsklötze aktiv sind, deren Ableben erst die Kernsanierung des Vereins ermöglichen?
NEIN. Slawo Freier beispielsweise, "Ingolstadt-Experte", war er doch bei vier der fünf Niederlagen (in sieben Aufeinandertreffen!) gegen die Schanzer mit dabei, war am vergangenen Sonntag bei der 0-1 Niederlage genauso wie bei der 1-4 Pleite im Oktober 2010 bester Bochumer Feldspieler. Auch Marcel Maltritz erlebte beide Spiele, spielte 2010 unglücklich, nach Ingolstadt aber höchst konzentriert, er war ein Hauptfaktor für die gute Rückrunde mit 37 Punkten und den vielen zu Null-Siegen.

Wo also hat Peter Neururer anzusetzen, um nicht erneut aus einer noch aufzufangenden Herbstdepression eine existenzbedrohende Abwärtsspirale werden zu lassen, die dann irgendwann einmal nicht mehr so einfach mit einer Siegesserie zu Saisonende zu retten ist, wie es Neururer im April geschafft hat?
Ersetzte Luthe und unterschätzte den Ball: Bruno Esser
Sicherlich könnte eine Enspannung auf dem Verletzungssektor Abhilfe schaffen - konnte Neururer doch noch nie in dieser Saison auf seine favorisierte Formation zurückgreifen, der sicherlich die derzeit fehlenden oder angeschlagenen Andreas Luthe, Felix Bastians, Florian Jungwirth, Jan Gyamerah, ein fitter Christian Tiffert und Heiko Butscher angehören würden. Doch dass es den VfL in Sachen Verletzungen oft heftiger tifft als die Konkurrenz, ist auch nicht erst seit dieser Spielzeit so. Bereits in den vergangenen Jahren hatten Bochumer Spieler länger als erwartet mit Muskel- und Bänderverletzungen zu kämpfen, ganz abgesehen von den vielen Langzeitknieverletzten Spielern um Fabian, Sinkiewicz und Gündüz. Immerhin ist ein Comeback von Linksaußen Felix Bastians, der nachdem er beim Eröffnungsspiel in Berlin die Linke Abwehrseite sehr souverän im Griff hatte, drei Monate pausierte, in Aussicht gestellt, und Lukas Sinkiewicz, der sich im Pokalspiel Ende Februar aufopferte, feierte wie Selim Gündüz diese Woche sein Comeback im Mannschaftstraining. Dass die Rückkehr von Leistungsträgern dem zwar diese Saison breiteren, wenn auch noch immer nicht vollkommen homogen gestalteten Kaders, der Sicherheit im VfL-Spiel dienen werden, dürfte unbestritten sein.

Die Länderspielpause konnte in Bochum somit produktiv genutzt werden und die Voraussetzungen für ein besseres Abschneiden in den kommenden Spielen gelegt werden - die Aussicht wird jedoch von der Tatsache getrübt, dass der kommende Gegner Erzgebirge Aue heißt. Hier meinte es der Spielplan nicht gut mit dem VfL, der die Bochumer ausgerechnet nach einer Länderspielpause und nach einer Heimniederlage gegen den FC Caiuby-Ingolstadt ins mittlerweile schon gefürchtete Erzgebirge reisen lässt. Am 1.5.2006 hat man dort zwar mit 1:0 gewonnen (Tor Czysczcon), danach aber eine Abfuhr nach der anderen erlitten. Negativer Höhepunkt war natürlich das Spiel im Vorjahr, welches zu einem ähnlichen Zeitpunkt der Saison stattgefunden hat wie in dieser Spielzeit (siehe: http://vfl-pa.blogspot.de/2012/11/erlebnisbericht-erzgebirge.html) und den kalten Winter 12/13 einleitete. Tags darauf wurde Trainer Bergmann zu recht entlassen - man möge hoffen, dass es diesmal anders laufen wird.


Glück Auf!



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