Mittwoch, 3. September 2014

Der VfL auf dem Weg nach oben - Ein Rückblick auf turbulente Fußballwochen

Zwei zu Eins in Braunschweig gewonnen - Tabellenführer, fünftes Saisonspiel, noch ungeschlagen.

Bevor die Bundesliga bereits in die erste Länderspielpause der noch jungen Saison geht und unsere Weltmeister am heutigen Abend sich erneut mit Vizeweltmeister Argentinien messen dürfen, ist viel passiert beim VfL Bochum. Sehr viel. Sehr viel positives.

Es war mitunter die von Teilen der Fans propagierte Negativstimmung die auch dafür verantwortlich war, dass sich dieser Blog über vier Monate eine Auszeit gegönnt hatte. Die verständliche, wenn zum Teil auch zu sehr ausgeartete Kritik am Verein und seinen handelnden Personen - großteils ja auch nachvollziehbar nach Jahren der Krise und des Überlebenskampfes - war ermüdend und konnte fast nie durch sportlich ansprechende Leistungen in den Hintergrund gestellt werden. So kam es, dass der VfL im Mai 2014 nach einer schwachen Leistung und einer 0:2 Niederlage beim TSV 1860 München die Liga gehalten hat, im darauffolgenden Spiel gegen den KSC immerhin noch die 40 Punkte Marke erreichen konnte, ich dies aber aus genannten Gründen nicht mehr niederschreiben wollte. Das Umfeld in Bochum musste sich erst wieder beruhigen - und beruhigen kann es nur ein erfolgreicherer VfL.

So waren die Wochen nach dem Saisonende noch durchaus turbulent: Kleinigkeiten, wie der festgelegte Termin für den Trainingsstart, oder insgesamt die Weiterbeschäftigung von Trainer Peter Neururer schlugen hohe Wellen. Während die deutsche Nationalmannschaft während ihres Aufenthalts in Brasilien logischerweise jegliche öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zog und zwei Monate lang die sportliche Tagespresse bestimmte, war in Bochum noch nicht klar in welche Richtung sich die neue Fußballsaison 2014/15 entwickeln könnte. Doch in Bochum blieb man ruhig, denn im Vergleich zu den Vorjahren schien man dieses mal einen Plan zu haben. Nachdem klar war, dass Christian Hochstätter und Peter Neururer die neue Saison planen durften, machten sie sich daran das Team für die neue Spielzeit zusammen zu stellen. Ohne Geld, dafür mit einem klaren Konzept. Der "Verlust" der Stammspieler des Vorjahres sollte mit einerseits Profierfahrenen, atheltischeren, dafür aber auch jüngeren und vor allem besseren Spielern ausgeglichen werden. Letztlich kein überraschendes Anforderungsprofil, dass sich auch Neururer und Hochstätters Vorgänger gesetzt haben dürften - doch ist genau die Umsetzung in diesem an sich einfachen Vorhaben die Kunst, sofern man nicht die Geldschatulle eines FC Bayern München im Aktenkoffer herumschleppen darf.
Genau deshalb war es von großem Vorteil, ein erfahrenes Duo mit Neururer und Hochstätter an der Spitze des Vereins zu wissen, die die nötige Professionalität wie auch Überzeugungsarbeit leisten können, um Spieler an den VfL zu binden, denen auch anderen, vergleichsweise bessere Angebote vorlagen. Schon früh im Sommer, als der DFB-Tross gerade erst noch in Südtirol mit Nico Rosberg durch die Wälder düste, konnte man dem gemeinen VfL-Fan aufzeigen, dass man in dieser Saison keine Carsten Rothenbachs oder Denis Berger nach Bochum zu holen gewillt ist, sondern Spieler mit Potential. Mit Jan Simunek, Timo Perthel und Michael Gregoritsch als Erste Neuzugänge konnte schon etwas Ruhe im Umfeld erzeugt werden, da sich die Sorge vieler Fans nicht bestätigte, der VfL würde nach Jahren des Niedergangs keine attraktive Adresse im deutschen Profifußball mehr darstellen. Das stand heute aber vielleicht für die positive Entwicklung der Mannschaft entscheidende Wochenende dürfte das der KW 21 gewesen sein, als bekannt wurde, dass sowohl Stanislav Sestak als auch Simon Terodde ab kommender Saison für den VfL Bochum stürmen würden. Wie wir schon heute wissen: Ein Glücksfall.

Die Vorbereitung, die einerseits noch als viel zu kurz verissen wurde, und unter anderem durch  Ausschreitungen einzelner "Fans" beim Spiel in Eupen etwas überschattet wurde - Zitat Peter Neururer: "Da müssen wir jetzt auch nicht mehr hinfahren" - entwickelte sich gut, erfolgreich und vor allem vielversprechend. Bundesligist Wolfsburg konnte im heimischen Stadion besiegt werden, ein kleiner, nicht zu unterschätzender Achtungserfolg, konnten doch Erstligisten schon lange nicht mehr, auch nicht in unbedeutenden Freundschaftsspielen, bezwungen werden. Lediglich die überraschend einberufene Partie gegen Terek Grozny in Lindabrunn bei Wien, für die die Russen die Kosten übernahmen, wurde gegen einen sehr starken Gegner knapp verloren.

Fünf Spiele - keine Niederlage, wie ungewohnt

Der Saisonstart konnte nach 42 Traininsgeinheiten also kommen - die Mannschaft und das Trainerteam hatten nach einer gelungenen Vorbereitung tatsächlich wieder so etwas wie Kredit bei den Anhängern, und bestätigtne dieses Vertrauen in den letzten Wochen bis zum heutigen Tag. Das flotte 1:1 zu gegen Fürth, der befreiende 5:1 Sieg in Aue, wo man immer auf die Fresse bekommen hat, der grandiose Pokalerfolg gegen Stuttgart, das erkämpfte Remis gegen hart spielende Berliner und der jüngste Auswärtserfolg bei Absteiger Braunschweig, waren Spiele, die der VfL mit Leidenschaft, Einsatz und fußballerischem Können bestritten hat wie man es etliche Jahre nicht mehr gesehen hat und, was am festzuhalten ist, die man in den Vorjahren auf keinen Fall ohne eine Niederlage überstanden hätte. War bei den Auswärtsspielen in Aue und Braunschweig bei jeweiligen Stand von 1:1, als das Spiel auf der Kippe stand, besonders das schnelle, mutige und starke Offensivspiel, das jeweils die drei Punkte gesichert hat, beeindruckend, war möglicherweise die Regenschlacht gegen Union Berlin, als man nach einem 0:1 Rückstand noch ein Remis erzwungen hat, das bisher entscheindende "richtungsweisende" Spiel. Ein ungemütliche Partie bei nassem Rasen gegen einen hart spielenden Gegner, der auch noch zu einem unglücklichen Zeitpunkt in Führung geht - alles Komponenten der noch in der Vorsaison eine sichere Heimpleite gefolgt wären. Nicht aber diese Saison: Der VfL erarbeitete sich Chancen, gewann die Oberhand, überrannte die Berliner gegen Ende des Spiels nach Belieben. Dass man die Chancen zum Sieg vergeben hat lag ausschließlich am Pech im Abschluss. Der VfL opferte sich in diesem Kampfspiel auf, bewies alte VfL-Tugenden kombiniert mit mehr fußballerischen Können als zuletzt und zeigte ein völlig neues Gesicht. Der sechs Tage darauf folgende Auswärtssieg in Braunschweig war nur die logische Folge für die Leistung die die Mannschaft gegen Union Berlin gezeigt hat.


Was geht in dieser Saison?

3 Siege, 2 Remis - der Saisonstart war stark wie lange nicht. Die Qualität und Substanz des Teams ebenfalls. Da stellt sich die Frage: Was ist diese Saison möglich?

Eine genaue Einschätzung dieser Frage ist normalerweise immer erst nach 10 Ligaspielen seriös möglich. Denn erst dann hat sich das Tabellenbild etwas bereinigt, die Top-Teams ihren Rhtyhmus gefunden und erste Sperren/Verletzungen manche Teams zurückgeworfen. Insofern wäre es jetzt falsch, irgendwelche unrealistische Ziele auszurufen oder gar die Tabellenführung als normal wahrzunhemen.

Schon früh in der Saison war/ist klar, dass der VfL aus einem "Trümmerhaufen" der Vorsaison eine ambitionierte Fußballmannschaft geformt hat. Dies geschah nicht ohne Leidtragende. Florian Jungwirth, bis zum Mai noch unumstrittener Stammspieler im Mittelfeld, fiel dieser enormen Kaderverbesserung noch am letzten Tag der Transferperiode zum Opfer und spielt fortan am Böllenfalltor in Darmstadt. Vielleicht ist ausgerechnet dieser Abgang, eines absoluten Stammspielers der letztjährigen Saison, neben der Tatsache, dass der VfL im Sommer keinen Spieler verloren hat, dem man wirklich hinterhertrauern würde, die Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft beim VfL - so absurd es klingen mag.

Dass der VfL seinen dünnen, aber starken Kader in den letzten Tagen vor Ende der Transferperiode noch mit drei Spielern verstärkt hat, beruhigt auch in Hinblick auf Ausfälle von Leistungsträgern. Mit Malcolm Cacutalua, Mikael Forssell und Tobias Weis gelang es Christian Hochstätter erneut, den ungern gesehenen Abgang von Lukas Klostermnan zu Red Bull und eben Florian Jungwirth kostenneutral, aber vermutlich Qualitätsbringend auszugleichen.

Der VfL Bochum steht in diesen Tagen so gut da wie lange nicht, es gibt etliche Anzeichen für eine vielversprechende Saison, man könnte so viel positives über Spieler/Neuzugänge/Stärken der Mannschaft schreiben... Doch noch heißt es Abwarten, denn auch wenn fast alle Anzeichen auf eine sehr gute Saison im Oberen Tabellendrittel hinweisen und das "Tendenzspiel" (P.Neururer) von Braunschweig gewonnen werden konnte, so hat den VfL in den letzten Jahren - wenngleich man auch sagen muss dass in den letzten Jahren nie ein "Tendenzspiel" erfolgreich gestaltet werden konnte - schon das laueste Lüftchen oft für Wochen aus der Bahn geworfen. Dennoch: Ich bin zuversichlich dass dieses laue Lüftchen gegen Terodde, Sestak, Tasaka, Gregortisch, Losilla, Herz-Stück Latza, Simunek und seine Jungs in der Abwehr, nicht mehr ausreichen wird, und den Verein nicht noch ein Leidensjahr bescheren wird.

Der Weg ist geebnet!

Glück Auf!

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