Freitag, 24. Mai 2013

Relegation - Wieso ein Abstieg Hoffenheims für den Fußball so wichtig wäre

Während ganz Fußball-Deutschland, und auch teile Deutschlands, die in den weniger entscheidenden Fußballmonaten eher weniger mit dem Fußball am Hut hat, in diesen Tagen nach Wembley/London blickt, finden in Deutschland für vier Vereine die wohl wichtigsten wie auch unnötigsten Spiele des Jahres statt: Es ist wieder mal RELEGATION.

Relegation - dieser unfaire Wettbewerb zweier klassenverschiedener Mannschaften gegeneinander, bei dem das Ergebnis einer ganzen Saison als Spieleinsatz herhalten muss, und bei dem immer ein Teilnehmer am Ende auf der Strecke bleibt. Seit 2009 wieder im Programm der DFL aufgenommen, ganz einfach aus finanziellen Gründen, weil sich eben zwei als "Schicksalsspiele" titulierte Begegnungen ziemlich nett vermarkten lassen. Nicht umsonst lautet ja die offziele Bezeichnung dieses Bewerbs: "Relegation - Die Entscheidung". Dass freilich "Spannung" als Hauptargument für die Wiedereinführung der Relegationsspiele herhalten musste verwundert da kaum, für den neutralen Fußballfan, der wohl auch am Samstag das Treiben in Wembley beobachten wird, mag das sogar zutreffen.

Dass ausgerechnet Hoffenheim, das gehypte Fußball-Projekt aus dem Hause SAP, in diesem Jahr die Rettung über die Relegation betreiben darf, ist wohl Ironie des Schicksals. Da Borussia Dortmund es am Wochenende verpasst hat, den Dorfverein nach nur fünf Jahren in der Bundesliga wieder in das Unterhaus zu schicken, dürfen die Kraichgauer gegen den Traditionsclub Kaiserslautern trotz einer desaströsen Saison auf den Klassenverbleib hoffen. Und hier liegt das Problem: So groß die Unterschiede, besonders im finanziellen Bereich, zwischen Bundesligisten und Zweitligisten auch sein mögen, war er nie größer wie in dieser Begegnung. Dass die finanziellen Rahmenbedingungen Hoffenheims nichts mit denen eines Zweitligisten vergleich bar sind ist allseits bekannt, dass sie sich gegen Zweitligisten behaupten dürfen somit doppelt ungerecht.

Könnten wie Gladbach von der Relegation eklatant profitieren: 1899 Hoffenheim



Die Liga klafft auseinander


Die Bundesliga strahlt derzeit so stark wie nie: Zwei Deutsche Teams begegnen sich vollkommen verdient im Champions League Finale, ein vor Jahren unvorstellbares Szenario. Die Liga boomt, das Produkt Bundesliga ist auf der ganzen Welt heiß begehrt, der Nationalmannschaft geht es gut wie lange nicht. Trotzdem lauert im Hintergrund eine große Gefahr: Das Jahrelang Plus der Liga, die intere Wettbewerbsfähigkeit, droht verloren zu gehen. Viele Verantwortliche scheinen das Problem der "spanischen Verhältnisse" erkannt zu haben - die Spanne innerhalb der Liga klaffte noch nie so weit auseinander wie in dieser Saison. Der Meister Bayern München holte 70 Punkte mehr als der letzte Fürth - eine Punktzahl, mit der man in vergangenen Jahren hätte Meister werden können. Auch Dortmund scheint dem Rest zu enteilen, während im Abstiegskampf ein Schneckenrennen um den Klassenerhalt stattfindet. So kann es auch sein, dass eine Mannschaft wie Hoffenheim, die mehrere eklatante Pleiten in dieser Spielzeit hat hinnehmen müssen, sogar die Liga hält - natürlich nur dank der Relegation - und dann im Folgejahr weiter in der finanziellen Wohlfühloase Bundesliga vor sich hin vergetieren wird.


Die Bundesliga braucht drei Aufsteiger!


Die Bundesliga verliert mit Düsseldorf und Fürth dieses Jahr wohl nur zwei Mannschaften, zwei Vereine, die erst im Vorjahr den Aufstieg in die Bundesliga feiern durften. Speziell Fürth überrante im Vorjahr die 2.Bundesliga, dominierte wie selten zuvor eine Mannschaft diese Spielklasse. Und ging in der Bundesliga gnadenlos baden. Die Bundesliga läuft derzeit große Gefahr, der Zweiten Liga zu enteilen. Es wird für Aufsteiger immer schwieriger sich in der Bundesliga zu etablieren bzw. überhaupt mithalten zu können. Diese traurige Entwicklung, die durch die extrem unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten zwischen Erster und Zweiter Liga begründet sind, wird durch die Relegationsspiele bestärkt. Die Relegation verhindert bei normalem Verlauf einen dritten Absteiger, sodass nur noch zwei Teams nach einer langen Fußballsaison "ausgetauscht" werden müssen. Die 16 anderen Vereine können sich festspielen, die Vorteile der Bundesliga genießen, und ein Fundament aufbauen, gegen das ein Zweitligist dauerhauft chancenlos ist. Stefan Kuntz, Vorstands-Vorsitzender des 1.FC Kaiserslautern und ehemaliger Vorstand des VfL Bochum erklärte einst, beim letzten Aufstieg der Pfälzer 2010, dass es vier Jahre Bundesliga benötigen würde, um den FCK auf die wirtschaftliche Stufe zu stellen, auf der er bei seinem Abschied aus Bochum mit dem VfL stand (2008). Es wurden nur zwei Jahre Bundesliga, es folgte 2012 der deutliche Abstieg. Schafft Kaiserslautern dieses Jahr nicht den Wiederaufstieg wird auch der "Betze" harten Zeiten in Liga2 entgegenblicken müssen...


Spanische Verhältnisse könnten verhindert werden

Es muss, nicht nur aus Sicht des Zweitligisten, auch aus Sicht der Erhaltung der Chancengleichheit bzw. Wettbewerbsfähigkeit der Bundesligavereine untereinander dringend wieder auf das alte System mit drei Aufsteigern umgestellt werden! Das bedeutet eine Abschaffung der Relegation. Die Gefahr der Etablierung von 16 Vereinen auf ihren jeweiligen Leistungsniveau bedroht die Spannung, ja auch das Niveau der Bundesliga. Findet kein Austausch zwischen den Ligen mehr statt, beziehungsweise nur noch sehr reduziert und auf die selben Vereine beschränkt, wird die Liga, ja auch der DFB-Nachwuchs an Klasse verlieren. Langeweile, ja auch Desinteresse an der Prozedur Bundesliga könnte eintreten, dem gilt es entgegen zu steuern.
Der klassische Abstieg: Hart aber ehrlich (Düsseldorf 2013)

Aus diesen Gründen wäre ein Abstieg Hoffenheims für die Liga so wichtig - denn man stelle sich vor, wie z.B. Sensationsaufsteiger Eintracht Braunschweig, neben dem SC Freiburg der einzige Underdog der Liga, überhaupt nur den Hauch einer Chance auf den Klassenverbleib haben soll, wenn man nur zusammen mit der Übermacht aus der Haupstadt, Hertha BSC, neu in die Liga eintritt und somit mit der Aufgabe vertraut wird, zumindest zwei seit Jahren etablierte Erstligisten hinter sich lassen zu müssen, um über eben jene Relegation überhaupt die Chance zu haben ein zweites Jahr im noblen Bundesliga-Oberhaus verbringen zu dürfen? Die Chancen für Braunschweig stünden bei einem zweiten Mitaufsteiger schon doppelt so gut.

Viel Erfolg Eintracht, viel Erfolg Bundesliga!


GEGEN RELEGATION!


Glück Auf!


Die bislang bitterste Stunde der Relegation: Die Ausschreitung von Düsseldorf 2012


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