Sonntag, 15. April 2012

Kevin Vogt erlöst Bochum - Klassenerhalt greifbar

Es war wohl die angespannteste Woche der Saison beim VfL Bochum. OK, die Woche vom 12.-16. September letzten Jahres, als man Montag Abend in Dresden das vierte Spiel in Folge kläglich verlor, am darauffolgenden Dienstag Friedhelm Funkel entliess und am Ende der Woche unter Neu-Trainer Bergmann 0:4 gegen Paderborn unterging, war wohl ähnlich schlimm. Doch die Angst, nochmal böse erwischt zu werden nach Wochen der Versäumnisse, war diesmal weitaus größer.

In Aachen, am Mittwoch Spätnachmittag, wollte man doch alles klar machen in Sachen Klassenerhalt. Beim relativ abgeschlagenen Tabellenletzten, die bis dahin erst drei Spiele in der Saison gewonnen und schon zwei Trainerwechsel hinter sich hatten. Wenn nicht dort, wo dann würde der VfL seine notwendigen Punkte einfahren?
Doch der Mittwoch war ein ganz schwarzer Tag in einer dunkelgrauen Saison, denn ohne nützliches Zweikampfverhalten, ohne System in Angriff, und ohne jegliche Sicherheit bei einfachsten Aktionen kann man auch beim Tabellenletzten nicht gewinnen. So dominierte die noch leidgeprüftere Alemannia, Aufstiegspartner aus dem Jahr 2006, den VfL über die 90 Minuten nach Belieben, gewann locker und hochverdient mit 2:0 (2:0) und traf noch weitere drei Mal Aluminium. Das Ergebnis hielt sich im Neuen Tivoli glücklicherweise in Grenzen - eine Blamage war es allemal. Symbolisch für den Auftritt war die Gelb-Rote Karte für Linksverteidiger Philipp Bönig, der mit der Schnelligkeit David Odonkors völlig überfordert war und unmotiviert über den Rasen senste. Für Bönig war es die zweite Gelb-Rote Karte der Saison - im dritten Einsatz. Eine abenteuerliche Quote.
Die Bochumer Verantwortlichen schlugen nach der Vorführung harte Töne an: Sportvorstand Jens Todt sprach nicht um den heißen Brei herum, sondern betonte, "dass man nun sehen werde, auf wen man sich verlassen könne". Dass die Mannschaft "von Rückschlägen leichter aus der Bahn geworfen werde als alle anderen Teams der Liga" wusste man schon vorher, genauso bekannt war die Tatsache, dass ein Nika Gelashvili "vollkommend verunsichert" sei.
Man hoffte beim VfL, dass die harten Töne ihre Wirkung zeigen würden - im Spiel gegen Lieblingsgegner 1860 München, für das wieder Ausfälle zu verkraften waren:

Linksverteidiger Bönig war folglich gesperrt, viele andere, wie Kopplin, Federico und Dabrowski weiterhin angeschlagen, weitere wie Concha nicht einsatzbereit. So kam es, dass Federico und Kopplin beginnen mussten, die Linke Abwehrseite von Jonas Acquistapace besetzt wurde, Kevin Vogt ins Mittelfeld "rotierte", und vorne der Zweimann Sturm Gelashvili-Ginczek Druck auf die Münchener Abwehr ausüben sollten.

Die Bochumer übernahmen von Beginn an das Kommando, 1860 agierte abwartend, nicht den Eindruck erweckend, zwingend die Letzte Chance zum Erreichen des Relegationsplatzes nutzen zu wollen. Den konzentriert und überlegt nach vorne spielenden Bochumer wurde genügend Raum gelassen, die dem VfL schon zu Beginn die ein oder andere Chance ermöglichte. Inui, Vogt und Federico versuchten es mit Schüssen - die Marschrichtung war vorgegeben. Die Löwen waren im eigenen Angriff über Konter nicht ungefährlich, doch hatte die Abwehr des VfL den nominell so starken Sturm mit Lauth und Volland im Griff, lediglich Aushilfs-Außenverteidiger Acquistapace stand das ein oder andere Mal zu weit von seinem Gegenspieler Aigner entfernt.
Erzielte die Führung: Daniel Ginczek
Die Logische Führung für den aktiveren VfL fiel dann kruios: Gelashvili's Schussversuch wurde abgeblockt, der Georgier brachte den Ball nochmals zur Mitte, wo Ginczek den Ball in den Strafraum bolzte, ehe er ihm noch einmal vor den Fuß fiel, und der Dortmunder etwas glücklich den Ball durch die Hosenträger des unglücklichen München-Keeper Gabor Kiraly drosch (18.)
In Folge der Führung hatte der VfL weitere Torchancen, die beste wohl kurz vor dem Halbzeitpfiff durch Vogt (45.), musste gegen Ende der Halbzeit aber auch einen stärker werden Gegner bekämpfen, dem Kopplin durch eine Grätsche, bei der er sich an seiner angeschlagenen Leiste verletzte, die bis dahin beste Chance vereitelte (36.).
Zu Kopplin: Jens Todt lobte den Berliner diese Tage für seine vorbildliche Einstellung, würde er doch seit Monaten schon nicht mehr regelmäßig trainieren können und müsse seit Längerem aufgrund von Leistenproblemen gespritzt werden. Die unausweichliche OP könnte nun doch schon vor Saisonende anstehen - ein Vertragsangebot zur Weiteranstellung liegt dem 22-Jährigen Außenverteidiger vom VfL leider nicht vor.

Noch mit Kopplin kam der VfL aus der Kabine und erlebte eine Halbzeit, die eine gesamte Saison in 45 Minuten zusammenfasst. Zu Beginn war es weiter der VfL, der die Offensive suchte, schon in der 48.Minute ergab sich für Ginczek die Chance zur Vorentscheidung, als er sich antrittsschnell Aygün vom Leib riss und frei vor Kiraly am Tor vorbei schoss. Diese vergebene Chance war der Anfang ganz bittere Minuten, in denen der VfL die Führung leichtfertig verspielte und die Giesinger ohne sonderlich großen Aufwand die Weichen auf den vermeintlichen Sieg stellen konnten: Nur eine Minute nach der vergebenen Vorentscheidung tauchten urplötzlich einmal mehrere Münchener in der Hälfte des VfL auf, ein simpel geschlagener Ball von Aigner in den Strafraum auf Rakic genügte zum Ausgleich. Kopplin war nicht auf seiner Position, rückte auch zu spät nach (Er wurde kurz danach für Freier ausgewechselt) und Maltritz erkannte die Nichtbesetzung seiner Nebenposition zu spät und musste Rakic in seinem Rücken ziehen lassen.
Benny Lauths Reaktion auf seinen Zufallstreffer
Die Verunsicherung nach diesem ersten Nackenschlag war spürbar, das Spiel des VfL erlitt einen ersten Bruch. Als nur zehn Minuten später, eine misslungene Lauth-Flanke aus 33 Metern den Weg über Luthe hinweg ins Kreuzweg fand, schwanden die Hoffnungen der Bochumer auf den befreienden Sieg. Ein zweiter Ball nach einer Ecke kam zu Lauth, der Inui aussteigen liess und den Ball relativ "planlos" in den Winkel schoss. Das Glück war in dieser Phase nicht auf Seiten der Bochumer.

Die darauffolgende Viertelstunde war von Wechseln auf beiden Seiten geprägt, Spielfluss wollte nicht recht aufkommen, 1860 hatte mittlerweile die Oberhand gewonnen, der VfL, nun etwas wild aufgestellt, fand nicht mehr den Rhythmus der Ersten Halbzeit. Als Paradebeispiel dient hier Denis Berger: Der Österreicher, kein Fußballfeinmotoriker, kam in Minute 65 für den verletzten Kopplin in die Partie, spielte die seine ersten Minuten rechts im Mittelfeld, wechselte danach auf die Linke Außenbahn, und liefert eine höchst unglückliche Leistung ab. Berger gelang nichts. Obwohl sichtlich bemüht traf er durchgehend falsche Entscheidungen oder hatte kurioses Pech in seinen Aktionen. Entweder spielte er trotz vierer, fünf Ballberührungen nicht ab, oder seine Pässe waren ungenau und hoppelten. Die Krönung seiner schwachen Saison und des Fehleinkaufs an sich waren jedoch die folgenden Aktionen: So kam Berger urplötzlich im Strafraum frei an den Ball, statt den Ball ins Tor zu hämmern prüfte er Kiraly nur mit einem Mini-Schüsschen (74.). Als der unglückliche Ösi dann nach einem Flankenversuch nicht den Eckball zugesprochen bekam, sondern die Schiedsrichterin zurecht auf Abstoß entschied, war der Tag für Berger, wie seine komplette Saison, zum Vergessen.
Die Jungs von der Castroper versuchten in der Schlussphase alles, Ecken brachten auch Gefahr, doch Acquistapcae und Maltritz vergaben diese Halb-Chancen (82./83.). Doch weil man diesmal nicht aufgab und weiterhin trotz beschränkter Mittel alles versuchte, glückte noch der Lucky-Punch. In der 93.Spielminute chipte der eingewechselte Özi Kefkir einen Freistoß in den Strafraum, Gelashvili konnte den Ball in der Luft erreichen, und Vogt nagelte den vor ihm aufprallenden Ball in die MASCHEN. Schon lange hatte man beim VfL kein so spätes Tor mehr gesehen und endlich einmal ging das Team von Andreas Bergmann wieder mit einem positiven Gefühl aus einem Zweitligaspiel.

Erleichterung nach dem Erzwungenen Ausgleich

Erlösung in Sicht


Durch die Ergebnisse der Konkurrenz hat sich die Situation beim VfL etwas entspannt. Zwar ist man nun endlich, und glücklicherweise, nicht mehr Tabellenzehnter, doch durch die kollektiven Niederlagen der auf den Abstiegsplätzen beheimateten Teams nimmt man diesen derzeit 13.Tabellenplatz in Kauf.
Die Bochumer liegen nun sechs Punkte vor dem Relegationsplatz (Karlsruhe), zudem besitzt man das bessere Torverhältnis. Die beiden Letzten, Rostock und Aachen, müssten alle drei verbleibenden Saisonspiele gewinnen, um rechnerisch noch am VfL vorbeiziehen zu können.

Trotz allem hat der VfL noch lange keinen Freifahrtsschein für die restlichen Partien. Bei den ebenfalls seit Monaten kränkelnden Cottbusern soll nun rechnerisch der Klassenerhalt fixiert werden. Die Lausitzer stehten mittlerweile auch nur noch auf Rang 14, haben zwei Punkte weniger als der VfL auf dem Konto, und sind bei nur vier Punkten Vorsprung auf Karlsruhe noch in Reichweite der Abstiegsplätze. Kein Grund für den VfL, freiwillig Punkte abzugeben. Denn auch in Cottbus heißt es: Verlieren gilt nicht!

Für die Partie in Cottbus fehlen den Bochumer Christoph Kramer (Sperre) und womöglich Björn Kopplin. Philipp Bönig hingegen wird wieder ins Aufgebot stoßen.

Glück Auf!


Alemannia Aachen - VfL Bochum 1848   2:0 (2:0)

1-0 Odonkor 26.
2-0 Streit 39.


Luthe - Eyjolfsson, Maltritz, Acquistapaca, Bönig - Sinkiewicz(66.Dabrowski), Kramer(57.Vogt) - Freier, Federico(85.Berger), Inui - Ginczek



VfL Bochum 1848 - TSV 1860 München   2:2 (1:0)

1-0 Ginczek 18.
1-1 Rakic 49.
1-2 Lauth 60.
2-2 Vogt 93.

Luthe - Kopplin(65.Berger), Maltritz, Eyjolfsson, Acqusitapace - Kramer(75.Kefkir) - Federico(55.Freier), Vogt - Inui - Gelashvili, Ginczek

Torschüsse: 18 - 10
Ballbesitz(%): 56 - 44
Zweikämpfe(%): 52 - 49
Ecken: 6 - 4
Fouls: 22 - 17
Abseits: 5 - 2
Laufleistung(km): 109.04 - 113.36
Zuschauer: 10.132

Alter der Teams(Jahre): 25.3 - 27.4


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